MODUL "Missklang" von Konrad Höhler-Helbig

Mit Hilfe von Sampler, Computer und geeigneter Software werden Klänge digitalisiert und am Bildschirm bearbeitet. Die Klänge können dann zur Herstellung von Playbacks zu RAP-Stücken weiterverarbeitet oder als Klangkulisse in Theaterstücken eingesetzt werden.

Lernziele:


Gegenstandsbeschreibung:

Die Fälscherwerkstatt befasst sich hier mit der Digitalisierung von Klängen. Als Vorbild dient die Arbeit des Geräuschemachers beim Film. Alltagsgeräusche werden hier mit einfachen Mitteln nachempfunden, digitalisiert und auf elektronischem Wege weiterverarbeitet. Es können Klangkollagen, Musikstücke und verfälschte Vertonungen von Videofilmen entstehen. Auch die Präsentation im Internet kann durch die so bearbeiteten Klänge unterstützt werden. Ein Klangrätsel kann auf diese Weise entstehen.

Didaktisch-methodische Überlegungen:

  1. Erfahrung im Umgang mit einfacher Musiksoftware und vorkonfigurierten Musiksamples sollen gesammelt werden (Experimentierphase mit Softwarepaket SoundEngine o.ä.).
  2. Erfahrungen mit der Herstellung von Geräuschen mit Mikrophon und Aufnahmegerät sollen gemacht werden. Ein Unterrichtsbesuch bei einem Filmgeräuschemacher ist geplant.
  3. Geräusche und Klänge werden mit Hilfe des Computers und eines Samplers digitalisiert.
  4. Elektronische Verfremdungseffekte werden mittels Software ausprobiert. (Beispiel: Steigerung der Geschwindigkeit ohne Höhenveränderung am Beispiel des Werbeslogans "Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen sie ihren Arzt oder Apotheker!"
  5. Die so bearbeiteten Geräusche und Klänge werden im Musikformat "wav" gespeichert und im Internet zugänglich gemacht.
Die Zusammenarbeit mit den anderen Schulgruppen, z.B. der Schultheatergruppe (Untermalung einer Schultheateraufführung mit Geräuscheffekten) bietet sich an.

Beschreibung einer Klangfälschung
Exemplarisch möchte ich das Vorgehen bei einer Klangfälschung beschreiben. Die Arbeitsweise des seltenen, fast ausgestorbenen Berufes des Geräuschemachers mit den Möglichkeiten der digitalen Bearbeitung von Geräuschen zu kombinieren - ist ein faszinierender Bereich des Musikunterrichts. Er kann SchülerInnen zu Klangreisen animieren und gleichzeitig zur Auseinandersetzung mit den Neuen Medien im Musikbereich anregen, die schon lange im Studiobetrieb Einzug gehalten haben.

Anforderungsprofil für eine Musikstation

Für die Ausstattung haben wir die Einrichtung einer Musikstation in zwei Stufen angenommen. Unterhalb der folgenden Minimalkonfiguration wäre die nachfolgend beschriebene Arbeit nicht machbar.




Minimalkonfiguration:

  • 1 Macintosh Performa 630
    mind. 16 MB RAM, 500 MB Festplatte, 512 kb VRAM
  • 1 CD-ROM-Laufwerk
  • 1 RGB-Monitor 14¨
  • 1 Paar Aktiv-Lautsprecherboxen oder koppelbare Kopfhörer
  • 1 CD-ROM Softwarepaket CircleElements der Firma Best Service

Ausbaustufe:

  • 1 Macintosh Performa 630
    mind. 16 MB RAM, 500 MB Festplatte, 512 kb VRAM
  • 1 CD-ROM-Laufwerk
  • 1 RGB-Monitor 14¨
  • 1 Paar Aktiv-Lautsprecherboxen oder koppelbare Kopfhörer
  • 1 Alchemy Samplebearbeitungssoftware der Firma PASSPORT
  • 1 Serielles Verbindungskabel zum Sampler
  • 1 Keyboard EMU EMAX II, mind. 2 MB RAM
  • 1 gutes Aufnahmemikrophon

Die Schülergruppe

Die Zahl der SchülerInnen ist hier abhängig von Anzahl und Ausstattung mit den benötigten Geräten. Haben wir nur eine Station zur Verfügung, können wir mit etwa 4-5 SchülerInnen gleichzeitig arbeiten. 2 SchülerInnen können am Computer arbeiten, zwei den Sampler und ein Schüler oder eine Schülerin das Aufnahmemikrophon bedienen. Mehr Stationen sind zumindest während der Aufnahmearbeit nicht sinnvoll, da hierbei störende Nebengeräusche nicht zu vermeiden wären.

Verfügt man über die Minimalausstattung, könnten allerdings an mehreren Stationen auch 16 Schülerinnen und mehr beschäftigt werden, da dann mit Kopfhörern gearbeitet wird. Aufnahmen hingegen sind dann nicht möglich.

Experimentierphase

Bei den zwei hier beschriebenen Konfigurationen ist die Vorgehensweise unterschiedlich. Während man mit der Software und den CD-ROMs von Circle Elements allein mit einem Multimediarechner arbeiten kann, ist bei der Konfiguration II ein ruhiger Raum und ein eingespieltes SchülerInnenteam, vielleicht im Rahmen einer Musik AG, Voraussetzung. Weil sich die Minimalkonfiguration leicht auch im Ausbau vorhandener Rechner im Schulcomputerraum anbietet, möchte ich zuerst auf diese Arbeitsweise eingehen.

Das Softwarepaket CircleElements der Firma Best Service besteht aus einer Software zur Bearbeitung von Musiksequenzen und zwei CD-ROMs mit hunderten vorgefertigter Samples. Die Samples bestehen in der Hauptsache aus Schlagzeugrhythmen, es sind aber auch eine Fülle von Geräuschaufnahmen und Klangeffekten vorhanden. Die Vorarbeit bei der Konfektionierung der Samples besteht aus dem Ordnen nach Geschwindigkeiten, hier angegeben in Beats pro Minute (BPM), und dem richtigen Schneiden des Audiomaterials. Die Musiksequenzen können dadurch aneinandergehängt werden, ohne dass Pausen entstehen. Vor allem die Rhythmen können im LOOP (Schleife) laufen, ohne dass Aussetzer o.ä. zu hören sind.

Mit Hilfe der beigefügten Software holt man sich die einzelnen "Musikschnippsel" von den beiden CD-ROMs und fügt sie aneinander.

Die Software erlaubt aber auch die Bearbeitung von Musikmaterial, das von normalen Musik-CDs stammt. Musikausschnitte müssen dann aber selbst geschnitten und in eine Schleife (LOOP) eingepasst werden, was schon etwas mehr Können voraussetzt. Seit Mitte 1997 gibt es mit Sound Engine eine Folgesoftware, die stabiler läuft und einen Clou bietet: Das Programm gleicht unterschiedliche Geschwindigkeiten der Musikausschnitte an. Ein Merkmal, das normalerweise nur hochkomplizierte Samplebearbeitungssoftware schafft.

Die Erstellung eines Playbacks oder eines Grundrhythmus für z.B. einen RAP-Song ist auf diese Weise ein Kinderspiel. Deshalb empfehle ich diese Vorgehensweise auch ausdrücklich Kolleginnen und Kollegen, die Musik fachfremd unterrichten.

Fälschung von Klangmaterial

Interessant für die Klangfälschung wird es mit der Ausbaustufe I. Mit dieser Konfiguration können eigene Aufnahmen mit Hilfe des Rechners oder des Samplers digitalisiert werden und dann mit der Software Alchemy verändert werden. Besonderes Interesse der Klangfälscher findet hier die Möglichkeit der Klangstauchung bzw. Dehnung, ohne die Tonhöhe dabei zu beeinflussen. Durch geschickte Beeinflussung einzelner Parameter des Klangspektrums können z.B. eine MickeyMouse-Stimme oder eine besonders tiefe Stimme realisiert werden, ohne dabei die Geschwindigkeit zu beeinflussen. Schliesslich ist es auch möglich, bestimmte Effekte wie Hall und Echo hinzuzufügen.



Hierbei gibt es auch Alternativen in der Bearbeitungsoftware, aber die hier vorgestellte Software verfügt über die Möglichkeit, mit Samplegeräten über eine serielle Schnittstelle zu kommunizieren (siehe Abbildung oben).

Exemplarisch möchte ich im Folgenden die "Fälschung" eines Geräusches schildern, das wie ein offenes Kaminfeuer klingt. Eine Anwendung, die vor allem in Zusammenarbeit mit einer Schultheatergruppe ihre Anwendung finden könnte.

Wie gehe ich vor?

Zunächst einmal benötigt man eine Folie mit Luftkammern, wie sie als Verpackungsmaterial üblich ist. Mit dieser Folie positionieren wir einen Schüler oder eine Schülerin vor unserem Mikrophon.

Der Raum sollte einigermassen ruhig gelegen sein, damit die Aufnahme auch sauber, d.h. ohne Nebengeräusche, vorgenommen werden kann. Das Mikrophon ist hierbei mit dem Computer verbunden. Natürlich kann auch eine Aufnahme nur mit dem Sampler vorgenommen werden, dies erfordert aber von den SchülerInnen mehr Kenntnisse im Umgang mit dem Gerät. Die Aufnahmen können mit dem Rechner wie mit einem Kassettenrekorder vorgenommen werden und benötigen keine weiteren Vorkenntnisse, ausser dem Wissen, dass bei einer Digitalaufnahme keine Toleranz beim übersteuern der Aufnahmen besteht. Ist die Aufnahme übersteuert, muss sie noch einmal vorgenommen werden.

Bei der Aufnahme (bzw. der Digitalisierung) knautscht der Schüler oder die Schülerin die Folie nun so zwischen den Händen, dass in der Nähe des Mikrophons ein prasselndes Geräusch entsteht. Mit dem Zerdrücken der Luftkammern in der Folie kann dabei das Knacken von Holz in einem Feuer simuliert werden.

Sind die Aufnahmen beendet, folgt die Bearbeitungsphase. Bei einer mit dem Sampler vorgenommenen Aufnahme muss zunächst das Klangmaterial vom Sampler in den Rechner übertragen werden. Danach kann die Bearbeitung im Programm Alchemy vorgenommen werden.

Die Aufnahme - ich möchte sie ab jetzt korrekt "Sample" nennen - wird zunächst geladen und in ihrer Länge nach unseren Anforderungen geschnitten. Danach soll das SAMPLE geloopt (d.h. sich in einer unendlichen Schleife wiederholen) werden. Hier ist schon beim Schnitt zu beachten, dass sich das Sample an einer Stelle wiederholt, die später in der Schleife nicht mehr bemerkbar ist. Diese Arbeit erfordert Geschick und Durchhaltevermögen. Ist sie beendet, kann das Material auf den Sampler übertragen werden und steht auf Tastendruck zur Verfügung. Auf diese Weise können noch
weitere Geräusche digitalisiert und ebenfalls auf unterschiedliche Tasten der Samplertastatur verteilt werden.

Schliesslich muss bei einer Theateraufführung niemand mehr auf die Einspielung von Geräuschen warten. Zur Vertonung eines Videofilms eignet sich das beschriebene Vorgehen im Besonderen durch die Möglichkeit, die Wiedergabe durch den Rechner mit dem Videogerät zu synchronisieren.

Konrad Höhler-Helbig

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Letzte Änderung: 23.04.2004